Sieh diese Zeichnung.
Ich habe sie in den traumatisierenden Jahren der IS-Gewaltpornos unter dem Tisch von Achtklässlern nach dem naturwissenschaftlichen Unterricht gefunden.
Die Zeichnung schockiert mich, sie betrübt mich, die raubt mir den Schlaf.
Mein Gott, ist dies das Bild, das wir verdienen?
Diese Bilder wurden eingraviert in die Seelen ganzer Generationen.
Ich habe diese Zeichnung ganz am Anfang meiner Ordner zum Islam, zur Religionspädagogik, zur islamischen Theologie platziert.
Damit ich nie in Ruhe und Normalisierung verfalle.
Damit ich nie vergesse,
wie die Welt uns sieht,
nie den intellektuellen Komfort wähle, mich in die Verabsolutierung meiner wissenschaftlichen Romantik flüchte.
Millionen muslimischer Kinder und Jugendlicher leiden täglich Schmerzen wegen dieses Islam-Bildes,
für das wir meiner Meinung nach primär selbst verantwortlich sind, als muslimische Umma, die sich und alles aufgegeben hat.
Ich will erinnert werden an die Verbrechen, die die militanten Gewaltideologen aus meiner Religion mir, uns, uns allen angetan haben,
an die Trümmer, auf denen der nicht wohlgesonnene Teil der Außenwelt herumtrampelt.
Nein, wir waren das.
Wir haben ihnen diese Angriffsflächen angeboten,
indem wir alles aufgegeben haben, an Anspruch, an kritischem Geist, an Willen zu Gerechtigkeit und Barmherzigkeit.
Ich weiß, vielen fällt es schwer, dass wir selbst uns zu Verantwortlichen für das Debakel der letzten Jahrhunderte in der islamischen Welt erklären.
Ich habe Verständnis dafür.
Ich habe eine andere Meinung.
Dies hier ist eine unbewältigte Hausaufgabe,
an die Starken unter den Muslimen,
die Augen nicht zu verschließen,
vor diesen Trümmern.
Wir werden sie aufräumen,
selbst wenn nur in unserer Seele,
das habe ich meinem Gott versprochen,
und meinem Propheten, mit dem Frieden sei,
mich selbst am harmonischen Einschlafen zu hindern,
diesen Schmerz in Kraft zu verwandeln,
keine Ruhe, keine Vergebung,
darum ist diese Zeichnung immer bei mir…