Es wurde seit dem 7. Oktober sehr viel über Antisemitismus aus muslimischen Kontexten geschrieben und debattiert. Oft wurde dabei übersehen, dass es es zeitgleich noch zu anderen Verwerfungen kam, die Menschen muslimischen Glaubens und dabei unmittelbar viele muslimische Schülerinnen und Schüler zur Projektionsfläche von Misstrauen und Verurteilung in einer sehr pauschalisierten Form gemacht haben. Diese antimuslimisch und insbesondere auch antipalästinensisch geprägten Verwerfungen sind nicht harmlos, sondern besitzen in Anbetracht von weit über fünf Millionen Musliminnen und Muslimen in Deutschland vor allem in den jüngeren Generationen eine hohe gesellschaftliche und auch ethische Brisanz. Auf dieses oft nur still verhandelte, aber an sich den meisten Akteuren auf dem Feld bekannte Problem etwas hörbarer aufmerksam zu machen und auf Auswege hinzuweisen ist das Ziel dieses neuen Beitrags von mir.
Im hier verlinkten fünfzehnseitigen Text veröffentliche ich erstmals exemplarisch meine eigenen Beobachtungen zur bisher kaum beachteten emotionalen Situation muslimischer Jugendlicher in Deutschland unter dem Eindruck der öffentlichen Diskurse nach dem 7. Oktober, insbesondere im Kontext von Bildung und Schule. Die vielfach ähnlichen Erlebnisse dieser Gruppe von Jugendlichen insbesondere in den ersten Monaten nach dem 7. Oktober sind bedrückend und erfordern eine erhöhte Aufmerksamkeit von Seiten der Verantwortungsträger in Politik und Bildung, aber auch von Seiten der Zivilgesellschaft.
Die Perspektive meines Beitrags bleibt zuversichtlich. Entsprechend schließt der Beitrag mit mehreren aus meiner Sicht gut bewährten Empfehlungen von pädagogischer Art mit dem Ziel einer gelingenden identitätssensiblen Kommunikation und gelingender pädagogischer Beziehung in Zeiten der Polarisierung. Dieser Beitrag versteht sich als ein entspannt vorgetragener persönlicher Problembericht mit einem bewusst eng gehaltenen thematischen Fokus und als damit verbundene Denkskizze. Darum ist er auch keine Gegenthese beispielsweise zu antisemitismuskritischer Bildungsarbeit, sondern versteht sich als ihr Verbündeter und als kritischer Freund in Diskursen zu moralischen und menschenrechtlichen Problemstellungen, die eines Tages jede Gruppe betreffen können.
Dies sind die Unterkapitel:
1) Einleitung: Die Folgen des deutschen Post-7/10-Diskurses für muslimische Schüler:innen
2) Die Identitätsfrage anhand eines Drei-Schichten-Modells zum Post-7/10-Diskurs
3) „Alle Muslime sind Terroristen“ – Negativstigmatisierung durch Mitschüler:innen
4) „Ich weiß, dass hier Hamas-Sympathisanten sind“ – Negativstigmatisierung durch Lehrkräfte
5) Solidarisierung mit Israel zum Preis von antipalästinensischem Rassismus
6) Das fragliche Votum der Spitzenpolitik
7) Von der Problemanalyse zum pädagogischen Blick
8) Betroffenheit muslimischer Schüler:innen angesichts der zivilen Opfer in Gaza antizipieren
9) Pädagogische Unschuldsvermutung und identitätssensible Kommunikation
10) Inhaltlich an den entscheiden Stellen differenzieren und kognitive Dissonanzen erzeugen
11) Persönlicher Epilog: Und was können die Muslim:innen beitragen?
Ich danke der Alhambra Gesellschaft e. V. dafür, dass sie mir ermöglicht haben dieses Thema sowohl auf einer Muslim Debate 2.0 Tagung im April 2025 in Stuttgart-Hohenheim vorzustellen, als auch auf dem Weg der aus der Tagung heraus entstandenen Handreichung einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und zur Diskussion zu stellen. Ich möchte abschließend darauf hinweisen, dass ich alle Beiträge in dieser Handreichung für sehr lesenswert und wichtig halte.
Link zu meinem Beitrag:
https://alhambra-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2025/10/11_Handreichung_AUG2025_v05.pdf#page=20