Zur Kategorie 'Geisterstunde'
am Freitag, 24 September 2010. Geschrieben in Geisterstunde
Unter dieser Kategorie steht eine Art von Texten, mit denen ich gerne innerlich aufräume. Sie erheben keinen Anspruch auf Sachlichkeit oder Objektivität, geschweige denn auf maßvollen Stil oder erlesenen Geschmack. Außerdem strotzen sie vor martialischen Metaphern, Übertreibungen und Pathos. Wer so etwas nicht mag, muss sich diese Texte nicht antun.
Im Grund geht es in meiner ‘Geisterstunde’ um Psychologie und um Selbstreflexion - quasi als Auseinandersetzung mit jenen inneren Stimmen, die mal dies wollen, mal jenes, aber selten das, was man selbst gerne will bzw. wollen würde, wenn man wollen könnte, wie man wollte…
Es geht also um Motivation, Klarheit der Gedanken und Selbstvertrauen…
Wem all dies nicht zu psycho ist, sondern vielleicht sogar bekannt vorkommt, wird diese Texte sicherlich verstehen. Er wird auch verstehen, warum ich gerne mit diesen ‘Geistern’ in mir kommuniziere und sie sogar lieb gewonnen habe, seit ich sie besser kenne und einen Teil ihrer Sprache zu sprechen gelernt habe. Das ist mir am besten mittels Schreiben gelungen, weshalb mein erster Text in dieser Kategorie auch genau davon handelt.
Ja, ich glaube an die klärende Macht des Schreibens, auch wenn mir hier und da trotzdem immer wieder ein Dämon zwischen den Tasten entwischt, oder gar neue aus der Dunkelheit mutieren, die ich eben noch für bezwungen hielt. Aber das ist immer noch besser als in einem Dämonenzirkus zu leben und sich ständig einzureden, dass dies doch bestimmt die ‘Normalität’ sei, da ja alle anderen Menschen auch ‘normal’ seien und nichts anderes im Kopf hätten als ihr ‘normales’ Leben - dass man bloß nicht an der ‘Normalität’ des Status quo zweifeln dürfe, den so viele Menschen wider besseren Wissens auszuhalten versuchen… da man sonst den Anschen erwecken könnte, dass man eventuell nicht ‘normal’ sei… dass man jeden Anflug von Bedürfnis danach sich in sich zu kehren und dort aufzuräumen unterdrücken müsse, da ‘normale’ Menschen dies ja auch nicht täten… Mit solchen Lügen werden die ‘normalen’ Generationen von heute groß gezogen - ein Drama, wenn man sich überlegt, wie glücklicher die Menschen und die Gesellschaft sein könnten, wenn man ihnen auch das Selbstbewusstsein gäbe sich mit sich selbst und mit ihrem innersten Wesen gründlich und ein Leben lang auseinanderzusetzen… ohne den ständigen Druck den Mitmenschen die Fassade eines ‘normalen’, gefühlskalten und nach DIN-Norm funktionierenden Menschen vorheucheln zu müssen.
Verstehen, was ich meine?
Wer A will, aber dabei immer B macht, sollte sich mal auf die Suche nach diesen Geistern, d. h. nach den längst ins Unterbewusstsein abgewanderten Suggestionen und Botschaften unserer frühen Umwelt machen. Gegen diese Botschaften ist der Wille machtlos, sofern er sich diese Botschaften und die daraus resultierenden Handlungsmuster nicht bewusst macht. Es ist in der Tat wie verhext: Man handelt selbst als erwachsener Mensch oft nach einem Schema, das uns sehr früh im Leben eingeprägt wurde und dessen ursprünglichen Motive wir längst vergessen haben. Suchen wir also diese versteckten Programme in uns, versuchen wir sie zu verstehen, und sie behutsam umzuprogrammieren. Kurzum: Erklären wir den Geistern in uns den Krieg… einen erbarmungslosen Krieg…
In diesem Sinne…
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Kommentare (3)
Hm - ich weiß nicht ob ich Dich da richtig verstehe, aber bei der Lektüre ist mir ein Text einer buddhistischen Freundin eingefallen, den sie vor zehn Jahren schrieb (hier: http://www.sylvia-wetzel.de/artikel/DerWeiseMannInGraz.htm) - ich zitiere daraus:
"Statt uns heldenhaft männlich in den Kampf und Krieg gegen Verblendungen zu stürzen, können wir mit unseren inneren Dämonen reden. Wir können eine kleine Begebenheit der letzten Tage erinnern, in der wir ärgerlich waren oder traurig, neidisch oder verbissen, müde oder unsicher, aufgeregt oder ängstlich, und zwar so deutlich wie möglich. Wo sitzt der Schmerz? Wie fühlt er sich an? Wie sieht der Dämon der Angst, des Ärgers, des Neids aus? Wir fragen diesen Dämon liebevoll: "Was brauchst du? Was willst du?" Wir können uns auch für Momente in den Dämon hineinversetzen und spüren, wie sich der Mangel genau anfühlt. Dann fragen wir den Dämon noch einmal und hören genau zu, was er sich wünscht. Wir stellen uns vor, daß wir davon übergenug haben. Wir geben dem Dämon oder der Dämonin all die Aufmerksamkeit und Nahrung, Zuwendung und Zärtlichkeit und alles Verständnis, das sie braucht."
- die Geister sind wohl dieselben, die Zugangsweise scheint auf den ersten Blick diametral entgegengesetzt zu sein, auf der *anderen* Seite der 'gefühlskalten Normalität' - und doch sehe ich eine gewisse Übereinstimmung... :)
Meine praktische "Dämonologie" sieht in etwa so aus: Es gibt verschiedene Arten von solchen "Dämonen" - die einen sind ein verletzter Teil von uns, der sich Aufmerksamkeit und Liebe wünscht und quengelt, wenn seine Rufe unerhört bleiben. Diese würde ich der von dir genannten Kategorie zurechnen. Die anderen sind "Eindringlinge", uns von anderen eingebrockte Flüche, Suggestionen und Wortungeheuer, die wir in einem Moment der Schwäche in uns gelassen haben - vielleicht zu einem sehr frühen Zeitpunkt unseres Lebens. Diese sind aggressiv und arbeiten - natürlich eher automatisch statt intentional - auf unsere Selbstzerstörung hin. Während die ersteren durch Kooperation und Dialog besänftigt werden können, müssen die anderen - als Projektionen externer Aggressoren - systematisch zersetzt und vernichtet werden, was nichts anderes bedeutet als die nachvollziehbare Auflösung derer Einschüchterungskraft (um mal in metaphorischer Sprechweise zu bleiben).
Ja, die Auflösung der Einschüchterungskraft, das ist der Casus Knackus - wie man die 'Dämonen' auch benennen mag. Die verschiedenen Arten - gehen die nicht recht übergangslos ineinander über? Wenn ich von jemandem Flüche und Suggestionen in mich aufgenommen habe, dann sind das in Folge doch *meine* Projektionen - gerade dann, wenn die Sache schon lange her ist, habe *ich* sie verändert und evtl. noch verschärft... Wenn ich die Projektionen mit einem 'Eigenleben' ausgestattet habe - werde ich mit einem 'erbarmungslosen Krieg' nicht noch mehr Aggressionen heraufbeschwören - sowohl bei 'ihnen' als auch bei mir selbst? Sie 'zu verstehen, und behutsam umzuprogrammieren suchen' - ich denke schon mit dem Verstehen sind sie recht weitgehend entschärft, und dem Verständnis dieser 'Geister' dient das Schreiben ganz sicher - wenn ich einen Mechanismus einmal verstanden habe, dann schreckt mich das Gespenst nicht mehr, das er hervorbringt...