Hello World!
am Samstag, 25 September 2010. Geschrieben in Allgemeines, Identität, Integration, Türken
14.6.2009 von Hakan Turan
Herzlich willkommen auf meinem Blog andalusian.de!
Hier möchte ich mit euch Gedanken und Erfahrungen zu Themen teilen, die mir sehr am Herzen liegen, für die ich jedoch bislang keinen passenden Rahmen gefunden habe - Themen, die mich tagein und tagaus beschäftigen, und von denen ich weiß, dass ich nicht der einzige bin, der über sie nachdenkt. Es geht um Fragen der Identität, des Glaubens und der Werte - konkret: um Fragen der Stellung muslimischer und insbesondere türkischstämmiger Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, also auch um mich…
Gerade die junge Generation von Türkinnen und Türken tut es sich oft schwer mit ihrem Leben zwischen zwei - oder mehr - Kulturen und es gibt eine ganze Reihe ungeklärter Fragen und Probleme, zu denen noch keiner eine schlüssige Theorie entwickelt zu haben scheint. Die Paradoxie startet bereits damit, dass Türken die Probleme, die ihr Türke-Sein betreffen am liebsten auf Deutsch diskutieren. Ich bin da gewiss keine Ausnahme - und vielleicht ist das gerade ein Hinweis darauf, dass Leute wie wir nicht nur formal, sondern auch tief in uns eine deutsch-türkische Identität aufweisen. Das ist etwas Neues, das wir unseren Mitmenschen oft mühsam plausibel machen müssen.
Noch anspruchsvoller wird die Frage nach der Identität, wenn man den Faktor Religion in Betracht zieht. Wenn jemandem wie mir und den meisten türkischstämmigen Bürgern in Deutschland der Islam am Herzen liegt, dann eröffnet sich dadurch eine weitere Dimension in der Identität - aber damit auch eine weitere Dimension an Problemfeldern und entsprechendem Gesprächsbedarf. Ich habe die Beobachtung gemacht, dass dieser Bedarf gerade bei der jungen Generation immens ist, aber dass ihnen in diesem Punkt noch niemand wirklich die Hand reichen konnte. Denn fast immer sind es Außenstehende, die sie über die Treue zur türkischen Kultur, über den Glauben, oder über Integration zu belehren versuchen. Was wir jedoch brauchen, ist eine Reflexion von innen heraus, aus der Sicht der Betroffenen selbst. Denn auch wenn es viele nicht gerne aussprechen, oder wahrhaben wollen: Wir haben deutsch-türkisch-islamische Identitäten entwickelt, und das auf eine einzigartige und nicht mehr rückgängig machbare Weise. Statt dies zu ignorieren, möchte ich mir dessen bewusst werden, und darüber nachdenken, was dies für die Zukunft in unserer pluralistischen Gesellschaft bedeutet.
Dies ist auch von Wichtigkeit für die Mehrheitsgesellschaft, da auf Seiten der Deutschen eine zunehmende Verunsicherung hinsichtlich der Situation der Migranten, bzw. des neuen, kulturell und religiös gemischten Deutschlands besteht. Es gibt zahlreiche schwierige Fragen, zu deren Klärung wir aufeinander angewiesen sind, was freilich einen Dialog auf Augenhöhe voraussetzt. Hierbei darf es auch kein Hindernis sein, dass manche Deutsche und auch manche Türken weder an einem solchen Dialog, noch an einem respektvollem Umgang mit der Kultur des anderen interessiert sind. Ich vertrete bei all dem eine positive und optimistische Position, die sich bislang bestens bewährt hat, und glaube, dass es mit einer intellektuell und emotional gereiften Haltung sehr wohl möglich ist, sich sowohl mit Deutschland, als auch z. B. mit türkisch-islamischer Kultur zu identifizieren. Ich glaube ferner, dass man mit Vernunft, respektvoller Kommunikation und der Bereitschaft zur Selbstkritik die teilweise nicht abzuleugnenden Spannungen zwischen der muslimischen Minderheit und der Mehrheitsgesellschaft in Deutschland abbauen kann, aber eben unter der Voraussetzung, dass es da Leute gibt, die mutig, motiviert und einfühlsam genug sind hier für Klärung und Transparenz zu sorgen.
In diesem Sinne hoffe ich, dass dieser Blog sowohl mir, als auch meinen Lesern eine kleine Hilfe bei dieser Auseinandersetzung sein kann und zum Weiterdenken und Weiterhandeln inspiriert. Noch schöner wäre es, wenn Diskussionen zustande kommen, wobei ich nicht weiß, ob ich die Zeit finde diese zu moderieren. Falls die Kommentarfunktion mal nicht aktiviert ist, bitte ich dies mir nachzusehen und freue mich - wie freilich auch sonst immer - über eure Mails unter Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! JavaScript muss aktiviert werden, damit sie angezeigt werden kann. . Derweil sei noch betont, dass dieser Blog weder ausschließlich an Türken oder an Muslime gerichtet ist - nur ist mein Hauptthema hier eben das Leben als türkischstämmiger Muslim bzw. als türkischstämmiger Deutscher in Deutschland, wobei die meisten Beiträge hier sicherlich auch auf andere Hintergründe verallgemeinert werden können. Außerdem will ich auch Abschweifungen von diesem Inhalt ganz und gar nicht ausschließen, was bei so einem ernsten Thema sicherlich nicht schadet, sondern eher nützt und aufheitert.
In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spaß auf andalusian.de!
Grüße & Selam,
Hakan
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Kommentare (3)
3 Antworten auf “Hello World!”
1. mrs. turan sagt:
9.9.2009 bei 21:40
es kommt etwas verspätet, aber immerhin (schließlich kann man sich ja auch erst seit kurzem registrieren….): ich gratuliere dir zu der geburt deines blogs, von wo aus du nun viele menschen mit deinen gedanken und deinem gedachten erreichen kannst… somit näherst du dich einen großen schritt deinem traum und wir (und ich aus der nähe) dürfen dich auf deinem weg dorthin begleiten. ein gutes gelingen und alles gute…
2. Serdar sagt:
11.9.2009 bei 13:55 | bearbeiten
Ich denke Mrs.Turan hat alles Nötige gesagt. Carry On
3. Susu sagt:
12.9.2009 bei 12:50
ich find die idee mit dem blog wirklich klasse. in dieser form ist es das erste mal, das ich so etwas im netz gefunden habe. ich wünsche mir, ebenso wie hakan, das sie viele muslime an diesem blog beteiligen, weil der bedarf auf jeden fall da ist. und ich plädiere auch dafür, das wir muslime endlich aufhören sollten, uns zu verbieten fragen zu stellen. wir leben im 21.jhdt. die probleme die uns heute tagtäglich über den weg laufen, gab es weder im 8.Jhdt noch im 14.Jhdt.
also sollten wir zwar mit respekt an die geläufigen gelehrtenmeinungen herantreten aber in der lage sein, sie auch ggfl. in frage zu stellen. das ist das, was uns zu guten muslimen macht, selber denken und aufhören nachzuahmen!
Eskalationen kommen durch das Fehlverhalten von Menschen zustande,die Tradtionen anhängen wie Blutrache, Zwangsheirat, Unterdrückung der Frau usw.,die in keiner Weise dem Islam entsprechen und wären ganz einfach zu vermeiden, wenn sie nur die Lehren ihrer Religion befolgen, sofern sie sich zu ihr bekennen wollen. Aufklärungsarbeit ist also auf BEIDEN Seiten vonnöten und es wäre wünschenswert, wenn qualifizierte,kompetente Mitarbeiter gerade im öffentlichen Dienst dazu gewonnen werden könnten. Danke Hakan für seine Bemühungen und viel Erfolg.
Dies ist eine sehr interessante und nützliche Webseite. Nur der Titel passt nicht ganz dazu. Wenn ein Muslim Andalusien verklärt, so kommt mir das irgendwie revanchistisch vor, wie wenn ein Deutscher seinen Blog "Der Schlesier" nennt, oder ein weisser Südafrikaner der Burenrepublik nachhängt. Wie in ganz Nordafrika, konnte sich der Islam in Spanien nur durch einen Eroberungsfeldzug durchsetzen, und nicht durch die Macht des Wortes.